Eine Konditionierung ist ein Glaube, den wir in unserer Kindheit vermittelt bekommen haben, und den wir für eine Wahrheit halten. Als Erwachsene richten wir uns nach diesem Glauben, ohne unser Bewusstsein zu benutzen.
Für das Kind sind die Erwachsenen der Bezugspunkt, der die Wahrheit besitzt. Daher ahmen sie das Verhalten der Erwachsenen blindlings nach, aus Vertrauen, Respekt und Verehrung heraus, und weil sie nur diese eine Referenz haben – und vor allem aus Liebe, weil sie vollkommen offen und verletzbar sind.
Die Erwachsenen konditionieren, um den Glauben zu erhalten, den sie selbst von ihren eigenen Eltern bekommen haben, immer in der Überzeugung, dass es die einzige Wahrheit ist.
Oder sie machen aus Opposition gegen ihre Eltern das Gegenteil dessen, was sie verletzt hat.
Als Erwachsene müssen wir uns von unseren Konditionierungen befreien, um unsere eigenen Werte, unsere Unabhängigkeit und unsere Freiheit zu finden.
Die Befreiung von den Konditionierungen bedeutet nicht, all das zurückzuweisen, was uns in unserer Kindheit geschenkt wurde, sondern es zu integrieren, um mit unserem Bewusstsein, unserer Reflexion und unserer Beurteilung unsere eigene Wahl zu treffen.
Das nenne ich Bewusstwerdung. Es bedeutet: Ich behalte alles, was mir passt, und weise das zurück, was mir nicht passt – in meinem eigenen Interesse, und nicht für die anderen und schon gar nicht gegen die anderen.
Es gibt zwei Systeme der Konditionierung: die Unterwerfung und das Widersprechen.
Ab der Geburt drückt sich der freie Wille schrittweise mehr und mehr aus.
Ab dem 14. Lebensjahr hat das Kind die Fähigkeit zu wählen oder nicht, aber es unterliegt immer noch der Macht der Erwachsenen, und bleibt in seinem Glauben.
Wenn es über das 21. Lebensjahr hinaus diesen Glauben behält, wird es aus seinen Konditionierungen heraus handeln.
Die Funktionsweise „für oder gegen“ des Erwachsenen, wird nicht seine eigene Wahl sein, sondern eine Wahl konditioniert durch das Äußere, durch die Anderen.
Es ist unverzichtbar sich von seinen Konditionierungen zu befreien um mit seinem Bewusstsein in Kontakt zu kommen, seinem inneren Wesen.
Bestimmte Konditionierungen sind ein Teil unserer Zellen, unserer Gene, unserer Chromosomen, aber wir müssen uns ihrer bewusst werden um authentisch zu sein.
Automatismus ist gleichermaßen eine Konditionierung, also unbewusst.
Beispiel: das weiße bzw. leere Buch
Als wir auf die Welt gekommen sind, waren wir wie ein weißes Buch, oder ein Buch in einer bestimmten Farbe, sprich: komplett rein. Unsere Eltern haben hineingeschrieben, indem sie sagten: „Putz deine Zähne!“, „Bete!“, „Sag Guten Tag zu der Frau!“, zu negativen wie zu positiven Handlungen. Wir taten, wie es in unserem Buch geschrieben stand. Mit dem Alter indem wir vernünftig werden, sind wir fähig unseren freien Willen zu benutzen. Wir entscheiden was richtig ist und was nicht. Wir können den Glauben an etwas auslöschen: „Putze jeden Morgen deine Zähne!“, und schreiben in unserer eigenen Farbe, weil es unsere Wahl ist.
Normalerweise müsste unser Buch im Alter von 21 Jahren einzig in unserer eigenen Farbe geschrieben sein. Alle anderen Schriften, die anderen Farben (Konditionierungen) müssten verschwunden sein. Auf diese Weise war Osho vielleicht mit 21 Jahren erleuchtet.
Wenn wir es geschafft haben unser Buch mit unserer eigenen Schrift und in unsere eigenen Farbe zu schreiben, kann es niemand außer uns selbst lesen, weil die Farbe der Schrift die Selbe ist, wie die des Papiers.
Deshalb nenne ich es das weiße Buch, wenn ich mit weiß in ein weißes Buch schreibe. Aber dennoch ist es beschrieben. Osho hat uns ein Buch geschrieben, das „No-mind“ (der Nichtverstand) heißt, und alle Seiten sind weiß. Konditionierungen kreieren Emotionen. Je mehr wir uns von unseren Emotionen befreien, je mehr werden wir uns von den Konditionierungen befreien, und umgekehrt.
Im Osho Zen-Tarot gibt es eine Karte die eine alte Zengeschichte erzählt, hier der Text:
Es ist die Geschichte vom Löwen der unter Schafen aufwuchs und dachte er sei ein Schaf, bis ihn eines Tages ein alter Löwe zu einem Teich zerrte und ihm sein Spiegelbild zeigte. Viele von uns sind wie dieser Löwe. Das Bild, das wir von uns selbst haben, entspringt nicht unserer eigenen Erfahrung, sondern entsteht durch die Meinung anderer. Unsere „Persönlichkeit“ ist uns von außen aufgezwungen worden und verdrängt unsere Individualität, die von innen heraus hätte wachsen können. Wir werden zu einem Schaf in der Herde, unfähig, uns zu bewegen, ohne uns je unserer wahren Identität bewusst zu werden.
Es ist Zeit, dass du dir dein Spiegelbild im Teich anschaust und aus den alten Vorstellungen ausbrichst, die dir andere über dich eingetrichtert haben. Gehe tanzen oder joggen, sei albern oder brülle – tue irgendetwas, um den schlafenden Löwen in dir zu wecken. Solange du deine Persönlichkeit nicht aufgibst, kannst du deine Individualität nicht finden. Individualität wird dir von der Existenz geschenkt, die Persönlichkeit wird dir von der Gesellschaft aufgezwungen. Die Persönlichkeit ist gesellschaftlich angepasst. Die Gesellschaft kann Individuen nicht dulden, denn Individualität kann nicht wie ein Schaf folgen. Individualität ist die Eigenschaft des Löwen; der Löwe geht seinen Weg allein.
Schafe bewegen sich stets in der Herde, in der Hoffnung, dass ihnen die Herde Geborgenheit gibt. In der Herde fühlt man sich eher beschützt und sicher. In der Herde besteht die Möglichkeit, einem möglichen Angreifer zu entkommen. Aber allein? Nur Löwen bleiben allein.
Ihr alle werdet als Löwen geboren, aber die Gesellschaft konditioniert euch, programmiert euch zu Schafen. Sie gibt euch eine Persönlichkeit, eine behagliche, nette, angepasste und sehr gehorsame Persönlichkeit. Die Gesellschaft will Sklaven, keine Menschen, die sich absolut der Freiheit verschrieben haben. Die Gesellschaft will Sklaven, weil nur Gehorsamkeit den Mächtigen Profit bringt.
Osho (ZEN Tarot, Seite 68)